Grundlagen des Rapid Prototyping

Eine Kurzdarstellung der Rapid Prototyping Verfahren

  1. Prof. Dr. – Ing. Andreas Gebhardt Fachhochschule Aachen

Zusammenfassungen

Generative Verfahren sind seit etwa 1987 in den USA und seit etwa 1990 in Europa und Deutschland in Form von Rapid Prototyping Verfahren bekannt und haben sich in dieser Zeit von eher als exotisch anzusehenden Modellbauverfahren zu effizienten Werkzeugen für die Beschleunigung der Produktentstehung gewandelt. Mit der Weiterentwicklung der Verfahren und insbesondere der Materialien wird mehr und mehr das Feld der direkten Anwendung der Rapid Technologie zur Fertigung erschlossen. Rapid Technologien werden daher zum Schlüssel für neue Konstruktionssystematiken und Fertigungsstrategien.

Generative procedures have been known under the term of 'rapid prototyping method' for about 18 years in the USA and about 15 years in Europe and Germany. In this time they changed from what was regarded as being a rather exotic way of model construction procedures to a very efficient and useful instrument for faster product manufacturing. In the course of the further development of the methods, and in particular the materials, the field for direct application of rapid technology opens up for manufacturing. Therefore rapid technologies become the key for new construction systematics and manufacturing strategies.

Keywords

  • 3D-Printing
  • Extrusionsverfahren
  • FLM
  • Fused deposition modelling
  • Gießharzwerkzeuge
  • Laminat Verfahren
  • Laminated-Object-Manufacturing
  • Lasersintern
  • Stereolithographie
  • Vakuumgießen

1. Grundlagen der Rapid Prototyping-Verfahren

Bei Rapid Prototyping Verfahren erfolgt die Formgebung nicht wie beim Drehen oder Fräsen durch Abtragen, sondern das Bauteil entsteht durch Aneinanderfügen von Volumenelementen, in aller Regel von Schichten. Rapid Prototyping Verfahren werden deshalb auch „Generative Fertigungsverfahren“ genannt.

Abb.1: Prinzip des Rapid Prototyping und der generativen Fertigungsverfahren allgemein

Der Fertigungsprozess wird hier veranschaulicht: Video-Animation

Voraussetzung für diesen Fertigungsprozess ist ein vollständiges 3D-CAD-Volumenmodell. Dieses virtuelle Modell ermöglicht es dem Konstrukteur, das Bauteil bezüglich aller seiner Eigenschaften zu betrachten, es zu drehen, zu wenden, einzufärben und anderweitig zu manipulieren. Es ermöglicht aber nicht das Anfassen, Belasten, den Ein- und Ausbauversuch oder sonstige Tests.

Um mit den Methoden des Rapid Prototyping aus diesem virtuellen Computermodell ein reales physikalisches Modell zu erzeugen, wird das Computermodell mathematisch in viele gleich große, etwa 0,1 mm starke, Schichten geschnitten. Die Konturinformationen werden einer „Prototyper“ genannten Rapid Prototyping Anlage zugeführt. Der Prototyper generiert mit Hilfe der Konturdaten die äußere und innere Berandung der jeweiligen Scheibe des Bauteils und fügt diese an die bereits schon vorher gefertigten Scheiben so an, dass Schicht für Schicht ein dreidimensionales Bauteil entsteht.

Die einfachste Methode besteht darin, die einzelnen Konturen aus Papier gleicher Stärke auszuschneiden und aufeinander zu kleben.

Die einzelnen Rapid Prototyping Verfahren unterscheiden sich in der Art der Schichtgenerierung, in dem Material, aus dem das Bauteil gefertigt wird, in der Art der Verbindung aufeinander folgender Schichten und darin, wie komfortabel der gesamte Prozess per CAD und Steuerrechner bedient werden kann.

2. Industrielle Rapid Prototyping Verfahren

Weltweit sind weit über 30 unterschiedliche Rapid Prototyping Verfahren bekannt, die zu annähernd 100 kommerziell angebotenen Maschinen geführt haben. Daraus haben sich im Laufe der letzten ca. 10 Jahre fünf Verfahrensfamilien industriell besonders bewährt. Kriterien sind dabei natürlich die Modelleigenschaften, aber auch der Serivce in Form von Instandhaltung, Instandsetzung, Up-dates und Up-grades.

Die weltweit am meisten verbreiteten industriell verfügbaren Rapid Prototyping Verfahren gehören zu folgenden Verfahrensfamilien:

Stereolithographie

Stereolithography

(SL)

Lasersintern

(Selective) Laser Sintering

(SLS)

Schicht- (Laminat-) Verfahren

Layer Laminate Manufacturing

(LLM) *

Extrusions-Verfahren

Fused Layer Modeling

(FLM) *

3D-Printing

Three Dimensional Printing

(3DP)

* Das „M“ steht je nach Autor entweder für „Modeling“ oder für „Manufacturing“

Zu jeder Verfahrensfamilie bieten Hersteller unterschiedliche Produktlösungen an, die im Rahme dieser Darstellung der Grundlagen nicht diskutiert werden.

Alle Beschreibungen und Fotos wurden aufgrund ihres Beispielcharakters ausgewählt und stellen keinerlei Wertung in Hinblick auf eventuell erkennbare Hersteller dar.

2.1. Stereolithographie (SL)

Die Stereolithographie in Form des skizzierten Laser-Scanner Verfahrens ist das älteste und gleichzeitig das Verfahren mit der höchsten Detaillierung, den besten Oberflächen und der höchsten Genauigkeit. Die Modelle entstehen durch lokale Verfestigung eines flüssigen Monomers mittels eines ultravioletten Laserstrahls (Photopolymerisation). Die Kontur des zu generierenden Bauteils wird durch eine Laser-Scanner-Einheit auf die Oberfläche eines Harzbades gezeichnet. Dort, wo der Laserstrahl auftrifft, polymerisiert, also verfestigt sich das Harz. Nach der Verfestigung einer Schicht wird diese mit Hilfe einer Plattform in Z-Richtung um eine Schichtdicke verfahren, eine neue Harzschicht aufgetragen und diese wie oben beschrieben polymerisiert. Auf diese Weise entsteht das Modell von unten nach oben. Das Modell wird in der Maschine zu ca. 95% polymerisiert. Es muss deshalb im Anschluss an die Reinigung mit Lösungsmitteln in einer UV Kammer nachvernetzt werden.

Abb2: Stereolithographie – Prinzip (Laser-Scanner Verfahren)

Stereolithographie

Verfahren

Lokale Verfestigung von flüssigem Monomer durch UV-Stahlung (Laser, Lampe), Stützen oder Stützmaterial erforderlich

Materialien

Epoxydharze, Acrylate

Vorteile

Hoher Detaillierungsgrad, sehr gute Oberflächen

Nachteile

Geringere mechanische und thermische Belastbarkeit als Lasersintern und Extrusionsverfahren. Spezialharze für höhere Temperaturen verfügbar

Abb.3: Stereolithographie – Bauteil. Foto: CP

2.3. Schicht- (Laminat) Verfahren (LLM)

Beim Layer Laminate Manufacturing werden die Schichtkonturen mittels eines Lasers oder eines Schneidplotters aus Papier-, Kunststoff-, oder Keramikfolie ausgeschnitten und vor- oder nachher automatisch verklebt.

Das bekannteste Verfahren (LOM, Laminated Object Manufacturing) arbeitet mit einseitig mit thermisch aktivierbarem Klebstoff beschichtetem Papier in Rollenform. Das Papier wird über eine Bauplattform abgerollt und nicht benötigtes Papier auf der Gegenseite wieder aufgerollt. Mit Hilfe einer beheizten Rolle wird das Papier auf die Bauplattform bzw. auf das schon teilfertige Modell aufgeklebt. Die Kontur wird mit Hilfe eines Laserstrahls ausgeschnitten. Um das gesamte Modell wird ein Rahmen ausgeschnitten, so daß das nicht zum Modell gehörige Papier abgehoben und aufgerollt werden kann. Nicht zum Modell gehörige, innerhalb des Rahmens liegende Teile werden in Karos geschnitten, damit sie später leichter zu entformen sind. Nach der Fertigstellung wird der gesamte durch den Rahmen begrenzte Klotz mit dem darin liegenden Modell aus der Maschine herausgenommen und die nicht zum Modell gehörigen Teile abgelöst.

Abb.6: Layer Laminate Manufacturing – Prinzip

Schicht-Laminat-Verfahren

Verfahren

Ausschneiden von Konturen aus Folien oder Platten mittels Laser oder Messer. Verbinden der Schichten vorzugsweise durch Kleben

Materialien

Papier, Kunststoff, (Keramik), (Metall)

Vorteile

Papier: Hohe Druckbelastung, geringe Materialpreise

Nachteile

Geringere Genauigkeit aus Stereolithographie, Lasersintern und Extrusionsverfahren, richtungsabhängige mechanische Eigenschaften

Abb.7: Layer Laminate Manufacturing – Bauteil. Foto: CP

3. Abformverfahren und Folgeprozesse

Rapid Prototyping Verfahren führen in aller Regel auf ein Bauteil aus prozessspezifischem Material. Bereits Im Rahmen der konstruktiven Optimierung von Bauteilen werden meistens mehrere Prototypen aus seriennahem oder serienidentischem Material benötigt.

Ein Weg zur Kleinserie von seriennahen Kunststoffteilen wird mit Vakuumgießen und Gießharzwerkzeugen beschritten.

Die Verfahren werden auch als indirektes Rapid Tooling bezeichnet, weil ein Rapid Prototyping Bauteil als Urmodell verwendet wird. Das Grundprinzip ist die Trennung der Eigenschaften: Rapid Prototyping Bauteile liefern schnell die exakte Geometrie, das Abformverfahren Eigenschaften wie: Stückzahl, Farbe, Transparenz und mechanische Eigenschaften

4. Literaturangaben

Gebhardt, A.: Rapid Prototyping – Werkzeuge für die schnelle Produktentstehung .
2. völlig überarbeitete Auflage, Hanser Verlag, München, Sept. 2000.

Gebhardt, A.: Rapid Prototyping - Einsatzkriterien der Verfahren für die industrielle Praxis. In: Konstruieren mit Kunststoffen., Sonderpublikation der Zeitschrift Ingenieurwerkstoffe , 3. Auflage, Springer-VDI-Verlag, Düsseldorf, 2003

Gebhardt, A: Rapid Prototyping, Landolt-Börnstein. Numerical Data and Functional Relationships , in: Science and Technology. Group VIII: Advanced Materials and Techonlogies. Vol.1: Laser Physics and Applications. Subvolume 1C: Laser Applications. Part 2: Production Engineering. Springer Verlag, Heidelberg, New York, 2004, Seite 105-123.

Wohlers, T.: Rapid Prototyping Worldwide Report, 2000
www.WohlersAssociates.com